Diese Rede ist Gegenstand der Beratungen zur Haushaltssatzung für das Jahr 2024. Sie wurde in der Ratssitzung am 19. März 2024 gehalten. Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Vertreter der Medien,
liebe Gäste,
die Pandemie, die Kriege und Krisenherde in Europa und in der Welt stellen uns vor immer weitere Herausforderungen. Es scheint immer hektischer zu werden. Und ganz klar wahrnehmbar ist: In der Bevölkerung stellt sich eine Überforderung ein.
Davon dürfen wir uns als Politik aber nicht anstecken lassen. Es ist an uns als Politik, Lösungen zu präsentieren. Das gilt für die Bundesregierung. Das gilt für das schwarz-grüne Kabinett in Düsseldorf. Das gilt für uns hier im Rat der Stadt Iserlohn. Wir dürfen keinen Zweifel daran lassen, dass wir eine Idee davon haben, wie wir Iserlohn weiterentwickeln wollen.
Die Kommunen organisieren Zukunft
Die notwendigen Transformationen unserer Gesellschaft spielen sich bei uns vor Ort ab: Klima, Verkehr, Energiewende, das organisieren wir in unseren Städten und Gemeinden. 80 % der Verwaltungsleistungen in Deutschland werden durch die Kommunen gewährleistet. Hier findet das Leben statt. Hier wird Demokratie erlebt. Hier werden Verwaltung und Handlungsfähigkeit wahrgenommen.
Zukunftsfähige Verwaltung
Dafür brauchen wir tragfähige Strukturen. Fünf Fraktionen haben sich im vergangenen Sommer auf den Weg gemacht. Wir haben auf drei Seiten beschrieben, wie wir uns die Verwaltung der Zukunft vorstellen. Ausgefüllt werden müssen diese Anforderungen von uns allen gemeinsam. In unserer Verwaltung liegt noch so viel mehr Potenzial.
„Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht, dass Rat und Verwaltung kooperativ zusammenarbeiten.“
„Die Kolleginnen und Kollegen der Verwaltung verdienen es, mit Respekt behandelt zu werden.“
Das sind zwei Passagen aus der Einbringung des Haushalts 2024 durch Bürgermeister Michael Joithe. Das sehen wir ganz genauso, diese zwei Sätze können wir absolut unterschreiben.
Deswegen haben wir uns mit dem Antrag auf den Weg gemacht. Wir haben die Grundlage gelegt, um gemeinsam – Bürgermeister und Fraktionen, zusammen mit den Beschäftigten unserer Verwaltung – zukunftsfähige Strukturen auf den Weg zu bringen. Herr Joithe, dieser Rat ist im Arbeitsmodus und reicht Ihnen die Hand. Bitte nehmen Sie diese auf und lassen Sie uns die Verwaltung der Zukunft gemeinsam aufstellen.
Erfolgreiche Projekte in Iserlohn
Vor dem Grundrauschen der vielen Krisen müssen wir auch immer wieder herausstellen, was gut läuft. Was wir auf den Weg bringen.
Gemeinsam mit den Stadtwerken sichern wir die Schwimmbäder unserer Stadt. Die Summe der Wasserflächen bleibt erhalten. Die Kinder unserer Stadt können auch in Zukunft schwimmen lernen.
Mit der Kulturvermittlerin haben wir ein Angebot, um das uns andere Städte beneiden und die von den Schulen hervorragend angenommen wird. Mit Kulturvermittlung können wir nicht früh genug anfangen.
Für das Haus Seilersee haben wir einen Investor, der in diesem Jahr öffnen will. Das ist ein wichtiger Baustein für das Naherholungsgebiet Seilersee. Die Gesamtschule am Nußberg bekommt endlich die benötigten Räume.
Auch in diesem Sommer wird es ein buntes Angebot an Veranstaltungen in der Innenstadt geben. Vielen Dank an die Veranstalter und Veranstalterinnen, die sich in den Prozess konstruktiv eingebracht haben und das Sommerprogramm stemmen.
Mit der Fußball-Europameisterschaft erhoffen wir uns ein großes Fest in der Stadt. Das sind nur einige Beispiele, so viel mehr geht in der Stadt. Wir müssen mehr darüber reden und sagen, was gut daran ist.
Anstehende Investitionen
Feuerwehr, Schulen, Kita: Wir haben gleichzeitig enorme Investitionen vor der Brust.
Bei der Feuerwehr setzen Menschen ihr Leben dafür ein, um andere, um uns zu retten. Wertschätzung sind nicht nur warme Worte. Wertschätzung bedeutet, dass die Technik modern ist – dafür bewilligen wir hier im Rat regelmäßig die Mittel. Wertschätzung bedeutet brauchbare Feuerwehrgerätehäuser zu haben und eine moderne Feuerwache. Ich bin sehr dankbar für jede und jeden einzelnen, die sich für unsere Gemeinschaft einsetzen. Vielen Dank an unsere Feuerwehrleute.
Die Diskussion um die Schulen nimmt bisweilen bizarre Züge an. Selbstverständlich investieren wir in alle Schulformen. Was wir aber auch machen müssen, ist, den Elternwillen zu respektieren. Dieser muss zum Tragen kommen. Das gibt uns die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen auf. Das ist eine Pflicht, der wir in Zukunft auch endlich nachkommen müssen. Eltern lesen auch in der Zeitung Beiträge aus dem Mantelteil des IKZ, dass in Nordrhein-Westfalen Kinder an drei Schulen abgelehnt werden. Das macht den Eltern Angst. Angst ist aber ein schlechter Berater. Erst recht, wenn es um die Zukunft unserer Kinder geht. Das Motto „Kein Kind wird zurückgelassen“ bedeutet auch, jedes Kind soll sich so entfalten können, wie es das braucht, um eine gute Zukunft zu haben. Mit den richtigen räumlichen Kapazitäten, die wir als Stadt herstellen müssen, können wir dem Elternwillen Rechnung tragen.
Beiträge für Kita und OGS
Gute Bildung fängt noch viel früher an. Zu den Kitas hat Frau Ihme für den Jugendhilfeausschuss vorgetragen. Dem schließen wir uns als SPD-Fraktion an. Und Kita ist das Stichwort: es geht ja nicht nur um gute Infrastruktur. Ein Standortfaktor sind die Kita-Beiträge. Da sage ich deutlich: auch eine weitere Erhöhung der Kita-Beiträge machen wir nicht mit. Und dieser Rat sollte sich überlegen, ob die jungen Familien weiter einseitig belastet werden sollen. Junge Familien, die sich gerade etwas aufbauen. Die müssen wir unterstützen als Stadt. Die müssen wir entlasten. So bekommen wir junge Menschen in unsere Stadt.
Wir hatten den Bürgermeister angefragt, was die letzte Beitragserhöhung überhaupt gebracht hat. Rein an Zahlen für den Haushalt. Das Ergebnis war ernüchternd: 50 % mehr Zeit für die Beitragsberechnung durch die Verwaltung. Dafür hatten wir aber nicht genügend Personal. Externe Dienstleister wurden eingeschaltet. Die Servicezeiten des Jugendamts wurden reduziert. Das ist das Ergebnis: weniger Leistung, dafür aber mehr Belastung für diejenigen, die unsere Unterstützung brauchen.
Familien brauchen Entlastung
Eine ehrliche und besonnene Haushaltspolitik braucht einen gesamtheitlichen Blick: Welchen Aufwand, welche Kosten ruft eine Maßnahme auf? Das muss der Bürgermeister als Chef im Blick haben. Das muss dieser Rat in seinen politischen Entscheidungen berücksichtigen.
Wir haben vor drei Jahren mit all unseren Stimmen die Beitragserhöhung abgelehnt. Aber aus der SPD kamen auch die einzigen Gegenstimmen. Gebracht haben die höheren Beiträge dem Haushalt wenig. Geschadet hat es den Familien in unserer Stadt. Davor haben wir vor dem Beschluss gewarnt und es ist eingetreten. Es war die SPD, die an der Seite der Familien steht.
Das war so. Das ist so. Und wir werden weiterhin an der Seite der Familien stehen.
Lassen Sie uns die Finanzierung des Haushaltes lieber auf eine breite Basis stellen. Es ist nicht gerecht, wenn die Familien mit kleinen Kindern die Lasten zu tragen hätten. Die haben schon genug zu tun. Da wäre es nicht fair, ihnen auch noch die Last des städtischen Haushalts aufzubürden. Also bitte kommen sie nicht in der übernächsten Ratssitzung und beantragen eine Erhöhung der Beiträge, weil genau, welche Überraschung, drei Millionen aus der Grundsteuer fehlen.
Grundsteuer
Wir erleben in den letzten Tagen hingegen eine seltsame Diskussion, die über die Zeitung und über Social Media ausgetragen wird. Woran könnte dieser Haushalt heute wohl noch scheitern? Es ist für uns absolut verständlich, dass gerade in der aktuellen Zeit jede und jeder auf jeden Euro schaut, der rein und rausgeht. Wir nehmen die Entscheidung nicht auf die leichte Schulter. Ich sehe aber, welche Kosten auf die Stadt hinzugekommen sind allein mit der völlig gerechtfertigten Erhöhung der Löhne. Diese müssen bezahlt werden und sie dürfen nicht allein von den Familien getragen werden. Wir müssen die notwendigen Investitionen tätigen: Kitas, Schulen, Feuerwehren, Straßen und Brücken. Da haben wir keine Wahl, wenn wir die Infrastrukturen erhalten wollen.
Wir sehen uns zu diesem Schritt gezwungen, wenn es nicht endlich einen substanziellen Beitrag des Landes gibt. Dem Investitionsstau und den Schulden muss endlich nachhaltig begegnet werden. Die Kommunen können das allein nicht schaffen.
Was würde es bedeuten, wenn wir heute deswegen nicht beschließen?
- notwendige Investitionen verzögern sich weiter,
- neue Projekte können nicht angefangen werden,
- dringend benötigte neue Mitarbeiter können nur eingestellt werden, wenn ihre Stellen schon im Stellenplan stehen.
Ich möchte nicht, dass ein Sparkommissar uns die Entscheidung abnimmt. Was macht das am Ende besser für die Bürgerinnen und Bürger? Heute nicht zu entscheiden wäre ein großer Schaden für Iserlohn, für unsere Bürgerinnen und Bürger. Für die Infrastruktur. Für das, was unsere Stadt lebenswert macht. Der Schaden dafür ist ein Vielfaches höher, wenn wir diesen Haushalt heute nicht beschließen. Und wir sind schon drei Monate im Verzug.
Verantwortung des Landes
Bei all den Herausforderungen, denen wir hier vor Ort begegnen können, gibt es auch die Verantwortung des Landes. Die erlebte Realität ist doch, dass das Land notwendige Maßnahmen verschiebt, bis es zu spät ist. Das ist mit der Rahmedetalbrücke so. Wir erleben jetzt Vorboten bei der Brücke Grürmannsheide. Ja, die Autobahnen sind jetzt in der Zuständigkeit des Bundes. Bis vor drei Jahren war aber das Land dafür verantwortlich. Wenn wir bei Landesstraßen bleiben, haben wir unser aktuelles Beispiel in Nachrodt-Wiblingwerde. Von dem Umleitungsverkehr können die Bürger aus Kesbern ein Liedchen singen. Maßnahmen werden vom Land verschoben und verschoben bis es zu spät ist, bis Sperrungen notwendig sind. Dass die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt den Schwerlastverkehr vor ihrer Haustür erleben müssen, das möchte ich niemandem zumuten. Kaputte Bundes- und Landesstraßen bedeuten zusätzliche Belastungen für unsere kommunalen Straßen. Das Land lebt hier auf Kosten unserer städtischen Infrastruktur.
Städte brauchen Geld statt Rechentricks
Wahr ist vor allem, dass das Land eine Verantwortung dafür trägt, der strukturellen Haushaltskrise aller Kommunen zu begegnen. Das neue, das 3. NKF-Weiterentwicklungsgesetz bringt uns im Ergebnis gar nichts. Summen können hier hingeschrieben werden oder dort hingeschrieben werden. Das ist keine Lösung. Das sind Taschenspielertricks.
Was wir brauchen, das ist eine substanzielle Finanzierung der Städte und Gemeinden. Ein erster Schritt ist die konsequente Entschuldung. Das geht nur mit frischem Geld vom Land.
Demokratie funktioniert nur, wenn wir wirklich etwas zu entscheiden haben, und zwar nicht, wo wir kürzen, sondern wie wir gestalten können. Entscheidungsmöglichkeiten, Handlungsmöglichkeiten, darum geht es. Handlungsmöglichkeiten haben wir nur, wenn wir nicht permanenten Zwängen unterlegen sind. Das Geld dafür kann uns nur das Land zur Verfügung gestellt werden: Geld statt Rechentricks.
Wenn jetzt reihenweise die Kommunen in die Haushaltssicherung geschickt werden, liegt es am System. Iserlohn geht es im NRW-weiten Vergleich noch gut, daher ist es ein fatales Signal für ganz Nordrhein-Westfalen, wenn auch wir uns da einreihen müssen. Deswegen ist das Signal nach Düsseldorf ganz klar. Wir brauchen drei Dinge vom Land:
- rechtzeitige Informationen,
- korrekte Informationen,
- einen ehrlichen Entschuldungsplan für die Kommunen.
Dank an Kämmerei und Fachverwaltungen
Bedanken möchte ich mich bei Michael Wojtek und seinem Team der Kämmerei für die gewohnte enge und konstruktive Zusammenarbeit. Das läuft nicht immer konfliktfrei. Das muss es aber auch nicht. Ich weiß aber, dass wir als SPD-Fraktion und Sie als Kämmerer das Wohl Iserlohns im Blick haben. Mit dieser gemeinsamen Linie gehen wir in dieselbe Richtung. Ja, es gibt hier auch schmerzhafte Punkte, welche wir heute beschließen. Aber vor allem hilft es uns als Stadt unsere Aufgaben zu machen. Dafür haben in der Verwaltung absolut fähige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ihnen bin ich für Ihren Dienst für Iserlohn und für die Iserlohnerinnen und Iserlohner dankbar.
Für mich als Vorsitzende ist es ein Grundsatz, dass wir als Fraktion zu einem Sachverhalt möglichst mit einer Stimme sprechen Und diese dann in allen Gremien gleichermaßen vertreten. Zuverlässigkeit ist mir wichtig. Vorhersehbarkeit ist in diese Zeiten eine Tugend. In den Ausschüssen haben wir dem Haushalt zugestimmt, da die gesamte Gemeinschaft die Verantwortung trägt und nicht einzelne über die Maßen belastet werden.
Wir als SPD-Fraktion stellen uns der Verantwortung und stimmen auch hier im Rat dem Haushalt zu.