Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,
die Wirtschaftskrise hat riesige Löcher in die öffentlichen Haushalte gerissen. Besonders die Städte befinden sich in einer verzweifelten Lage.
Nur eines ist klar: Der schlechte Zustand der öffentlichen Haushalte, auch der der Stadt Iserlohn, wurde nicht durch die Wirtschaftskrise allein ausgelöst, sondern lediglich in seiner
Dramatik aufgedeckt.
Deshalb sage ich in aller Deutlichkeit: Der Iserlohner Haushalt enthält ein strukturelles, von der Wirtschaftskrise unabhängiges Defizit! Wir wissen um dieses Defizit seit Jahren, aber getan
hat sich nichts.
Dieses strukturelle Defizit ist seit der Kommunalwahl das Defizit des Bürgermeister Ahrens und aller Ratsmitglieder, seien sie nun erstmals oder erneut gewählt worden.
WIR, der gesamte Rat der Stadt Iserlohn, sind daher für die Reduzierung dieses Defizits alle verantwortlich, denn Art. 28 GG schreibt der Kommune nicht nur das Recht, sondern eben auch die
Pflicht zur verantwortungsvollen Selbstverwaltung zu.
Und zu dieser Pflicht gehört, dass wir die schwierige Haushaltssituation nicht nur beim Phänomen “Wirtschaftskrise” abladen und um Hilfe beim Bund und beim Land rufen, sondern auch, dass wir
uns selbst den Spiegel vorhalten und unsere finanzpolitischen Hausaufgaben hier in Iserlohn machen.
Es werden daher im Laufe dieses Jahres äußerst schwierige Entscheidungen anstehen. Ich will den Diskussion der Kleinen Kommission nicht vorgreifen und diese Beratungen durch Vorfestlegungen
erschweren: Aber worüber wir durch die Schieflage der öffentlichen Haushalte zum Nachdenken gezwungen sind, das sind keine Geheimnisse:
Sportplätze dicht machen und Schwimmbäder und Lehrschwimmbecken schließen. Museen abschaffen und massiv an die freiwilligen Leistungen rangehen: Man wird sehen, was da auf uns zukommt.
Ein Ergebnis der Kleinen Kommission Finanzen allerdings hat schon Eingang in den Haushaltsplan gefunden: Ein genereller Einstellungsstopp.
Ich glaube, dies ist das richtige Instrument, um den Druck auf die Verwaltung zu erhöhen, tatsächlich nur die Stellen wieder zu besetzen, für die es absoluten Bedarf gibt, der nicht durch
Umorganisation aufgefangen werden kann. Die Hürden für Neueinstellungen müssen hoch sein und dürfen nur durch den Haupt- und Personalausschuss außer Kraft gesetzt werden, der jede
Neueinstellung kritisch auf seine Notwendigkeit hin abklopfen wird.
Nur eines muss unmissverständlich feststehen: Was die Ausbildungsplätze der Stadt anbelangt, darf der Einstellungsstopp nicht gelten. Wir brauchen Nachwuchs in der Verwaltung und wir müssen
gerade in diesen Zeiten als Vorbild für andere Ausbildungsbetriebe voran gehen!
Wenn wir als öffentliche Hand das nicht tun, wer soll es denn bitte sonst tun!
Damit sind wir mitten im aktuellen Haushaltsplan, den wir ja hier heute zu beraten haben! Ich glaube, wir sind unserer Verantwortung gerecht geworden.
Den Haushaltsplan trotz allem Optimismus, der ja offenkundig in jedem einzelnen Ansatz steckt, unter die magische Defizitgrenze zu drücken, war eine Kraftanstrengung, die durch die akribische
Arbeit der Verwaltung, aber auch durch das besonnene Handeln der Politik ermöglicht wurde. In diesem Haushalt stecken unzählige Einsparungen und Steuererhebungen, gerade wenn ich den Blick
auf Manfred Minzberg und den Schulbereich oder auf Michael Scheffler und den Sozialbereich richte.
Wir haben man so manche Kröten geschluckt, um die Handlungsfähigkeit der Stadt Iserlohn sicherzustellen. Es geht um nicht weniger! Es geht um die Frage, wer Herr in diesem Rat sein soll. Ob
wir weiterhin selbst entscheiden oder ob wir die Schlüssel für das Rathaus beim Regierungspräsidenten in Arnsberg abgeben wollen.
Mit der Zustimmung zu diesem Haushalt erhalten wir uns die Gestaltungsfähigkeit. Für wie lange, kann heute nur durch den Blick in die Glaskugel geklärt werden.
Wir behalten die Möglichkeit, auch investiv tätig zu werden, den Mittelstand mit Aufträgen zu versorgen und damit unseren Teil zur Ankurbelung der Wirtschaft zu leisten und auch in der
nächsten Zeit wichtige Zukunfts-Projekte anzustoßen, die die Entwicklung der Stadt auf lange Sicht bereichern werden. Ich will nur die Planungen rund um das Regionale Projekt “Südliche
Innenstadt” nennen.
Aber es gibt auch politische Unterschiede! Ich will es bei einem einzigen Beispiel belassen:
Wir sind bereit, im Gegensatz zur CDU, die Parkgebühren zu erhöhen. Aber wenn man das nicht will, dann muss man sich nicht wundern, wenn wir nicht bereit sind, die Gebühren für das
Mittagessen der Kinder in unseren städtischen Kindertagesstätten zu erhöhen.
Wir Sozialdemokraten sind bereit zur Haushaltskonsolidierung. Wir sind in der Lage, auch schwierige Entscheidungen zu treffen und mitzutragen: Eine Haushaltskonsolidierung aber auf dem Rücken
der Ärmsten, der Schwächsten und der Kleinsten wird es mit uns nicht geben. Das ist und bleibt in Stein gemeißelt.
Neben dem selbst zu verantwortenden Teil des strukturellen Defizits kommt eine weitere Konstante hinzu. Es ist mittlerweile eine gängige Praxis, dass die Kommunen mit immer neuen Aufgaben
belastet werden, ohne dass der Bund oder das Land gleichzeitig für einen finanziellen Ausgleich sorgt. Die Folge ist eine zusätzliche finanzielle Belastung der Kommunen in NRW in
Milliardenhöhe:
- Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose
- Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
- Behindertenhilfe
- Kinderförderungsgesetz
- Wachstumsbeschleunigungsgesetz
Gerade dieses Wachstumsbeschleunigungsgesetz treibt mir die Zornesröte ins Gesicht:
Was die Bundesregierung dort mit einem Volumen von rund 8,5 Mrd. Euro ausgesponnen hat, entpuppt sich doch in Wahrheit als Schuldenbeschleunigungsgesetz.
Wir können strampeln wie wir wollen und uns jede Woche zu einer Kleinen Kommission Finanzen treffen und alles abschaffen, was es so gibt in dieser Stadt und was das Leben hier so ausmacht.
Wenn die CDU-geführte Bundesregierung mit diesem Irrsinn nicht aufhört, nützt das alles nichts. Denn das einzige was durch dieses Gesetz wirklich wächst, ist die Armut der Städte, sonst
nichts, aber auch gar nichts.
Der Bund darf die Kosten für die Sozialgesetzgebung nicht einfach auf die Kommunen abwälzen. Wenn durch Gesetze des Bundes Kosten bei den Kommunen entstehen, muss der Bund auch dafür
aufkommen: Eine einfache Rechnung.
Wer die Kapelle bestellt, sollte nicht nur immer die Musik bestimmen wollen, sondern auch die Zeche zahlen. Das wäre konsequent!
Und was ist die Antwort der Bundesregierung? Was ist die Antwort auf die berechtigten Sorgen der Städte?
Neue, neue Steuersenkungsversprechungen mit dem Sahnebonbon der Abschaffung der Gewerbesteuer, als der wichtigsten Steuer für die Kommunen. Man hört richtig. Der Abschaffung der
Gewerbesteuer.
So macht man die Städte kaputt.
Ich gehe soweit zu sagen: Das was dort auf Landes-und auf Bundesebene organisiert wird, ist die Demontage der von mir eingangs zitierten Selbstverwaltungsgarantie, nichts anderes, meine Damen
und Herren.
Und wenn der Märkische Kreis dagegen klagt, dann hat diese Klage m. E. Aussicht auf Erfolg und unsere volle Unterstützung! Und Herrn Landrat Gemke sage ich, ich finde das gut, dass er als
CDU-Mitglied das mitmacht, Hut ab! “Aber so richtig was tun, Herr Gemke, können Sie, wenn Sie am 9. Mai das Kreuz einfach mal an der richtigen Stelle machen, das würde uns allen in diesem
Land NRW so richtig was bringen! “
Es ist an der Zeit, dass Bund und Land die Selbstverwaltungsgarantie endlich wieder achten. Und es ist an der Zeit, über eine vernünftige, belastbare Finanzausstattung der Kommunen zu
sprechen.
Es muss eine Neuordnung der kommunalen Finanzverfassung her. Es muss ein Altschuldenfond her, in dem alle aufgelaufenen kommunalen Schulden zusammengefasst und kontinuierlich unter der
Beteiligung des Bundes und der Länder abgebaut werden, um aus der Spirale der Kassenkreditfalle für laufende Verwaltungstätigkeit zu gelangen.
Und wer nun schon wieder an die Gewerbesteuer will, der muss klar sagen, dass er in Wahrheit die Unternehmen aus der Verantwortung für die Finanzierung des Gemeinwohls entlassen will. Der
will das Fundament der kommunalen Finanzierung auf Verbrauchssteuern, wie die Umsatzsteuer stellen und damit auf den Geldbeutel des so genannten kleinen Mannes.
Die Bundesregierung soll endlich aufhören, die Städte zu schröpfen und die Unternehmen mit immer neuen Steuererleichterungen auf Kosten der Bürger zu hofieren. Damit muss Schluss sein.
Die Gewerbesteuer darf nicht gesenkt, sondern sie muss stabilisiert werden. Natürlich ist die Gewerbesteuer ein Wackelkandidat in der Finanzplanung, weil sie sich nach dem schwankenden Gewinn
von Unternehmen bemisst, wir haben das auch in Iserlohn schmerzlich erleben müssen.
Doch die Antwort kann doch nicht Abschaffung sein. Dann muss die Steuer eben auf ein solideres Fundament gestellt werden. Auch Freiberufler müssen über die Gewerbesteuer ihren Beitrag
leisten. Ärzte, Architekten und ja (!!!) auch Rechtsanwälte nutzen die örtliche Infrastruktur und sollten mit einbezogen werden.
Und zusätzlich sollte es endlich einen festen Hebesatz für alle Kommunen geben. Dieser Steuerwettbewerb ist doch pervers. Sich über die Gewerbesteuer städtische Konkurrenz zu machen, das
hilft doch den Bürgern keinen Deut weiter. Ein fester Satz und feste Einnahmen, das ist der Weg aus der Krise!
Und nun ein letzter Gedanke:
Der Kämmerer hat in der Rede zur Haushaltseinbringung einen bemerkenswerten Satz gesagt: “Die Töchter müssen nun die Mutter retten.” Und meinte, dass die städtischen Unternehmen ihren Beitrag
zur Haushaltsicherung leisten müssen.
Ich höre diesen Satz und sage:
Ein Glück, dass es öffentliche Unternehmen in unserer Stadt überhaupt noch gibt. Denn bei den Stadtwerke ist es wie beim Brettspiel “Monopoly”: Man wird zwar nicht reich mit den
Elektrizitätswerken, aber auf lange Sicht gesehen, zahlt es sich aus, sie zu haben.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie diese CDU-geführte Landesregierung das Dogma des “Privat vor Staat” vor sich hertrug. Wie sie die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden durch eine
Änderung der Gemeindeordnung verschlechtern und ihnen jede Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Marktkonkurrenten nehmen wollte. Und sie am SPK-Gesetz rumdokterte. Das war doch nicht vor 20 Jahren,
das war gefühlt doch erst gestern. Und noch immer weht dieser Geist durch die Staatskanzlei.
Mit Blick auf den städtischen Haushalt sage ich:
Wir können heilfroh sein, dass wir unsere kommunalen Unternehmen haben und sie ihren Beitrag in diesen schwierigen Zeiten leisten:
Es ist dadurch deutlich geworden: Wer die Axt anlegt an öffentliche Unternehmen, der vergeht sich an der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kommunen und der sägt damit an dem Ast, auf dem
wir alle gemeinsam sitzen!
Zum Schluss:
Es hat sich was getan in dieser Stadt. Wir als SPD spüren die neue Verantwortung, die auf uns lastet, dadurch, dass wir den neuen Bürgermeister als Fraktion tragen und dass sich in diesem Rat
die Mehrheitsverhältnisse geändert haben.
Und wenn nun der Haushaltsplan in seiner Gesamtheit zu betrachten ist, dann geht es auch um die Verantwortung für das Große und Ganze: Ich sage: Dieser Plan ist weiß Gott gerade kein “Weiter
so”! Er ermöglicht uns, durch freiwillige Haushaltskonsolidierung selbst entscheidende Sparanstrengungen im Laufe dieses Jahres zu ergreifen. Er belässt uns die Handlungsfähigkeit. Aber eben
auch die Verpflichtung zum Sparen. Und er lässt uns die Hoffnung, dass die Bundes- und die Landesregierung ein Einsehen haben und die kommunale Finanzordnung auf andere Füße stellen.
Meine Damen und Herren, wir als SPD-Fraktion sind uns unserer Verantwortung für diese Stadt bewusst. Und indem wir als Fraktion dem Haushalt in Gänze zustimmen, stellen wir uns ihr!
Haben Sie herzlichen Dank.