Zum Inhalt springen

Internationaler Frauentag 2021: Andere reden von Gleichstellung – wir praktizieren sie!

Wir haben den dies­jäh­ri­gen Welt­frau­en­tag am 8. März zum Anlass genom­men, Frau­en in der Iser­loh­ner SPD-Rats­frak­ti­on zu fra­gen, was sie sich für die Zukunft wün­schen. Wel­che Erfah­run­gen haben sie gemacht in Beruf und Poli­tik und wel­che The­men müs­sen poli­tisch und gesell­schaft­lich unbe­dingt ange­gan­gen wer­den, damit Frau­en in Deutsch­land end­lich gleich­be­rech­tigt sind? 

Frauen zwischen Kindern und Karriere

Eva Kitz, Fraktionsvorsitzende

Eva Kitz ist Mut­ter drei­er Kin­der zwi­schen zehn und 19 Jah­ren. Sie ist Vor­sit­zen­de des SPD-Stadt­ver­ban­des sowie der SPD-Frak­ti­on im Iser­loh­ner Stadt­rat und weiß aus eige­ner Erfah­rung, vor wel­chen Her­aus­for­de­run­gen vie­le jun­ge Frau­en ste­hen. „Kind oder Kar­rie­re?“, die­se Fra­ge müs­sen die meis­ten sich im Lau­fe ihres Lebens stel­len, denn Bei­des zu ver­ein­ba­ren ist fast unmög­lich. „Die Struk­tu­ren in Deutsch­land las­sen eine Voll­zeit­be­schäf­ti­gung bei­der Eltern gar nicht zu. In der Kon­se­quenz muss ein Eltern­teil für eini­ge Zeit zuhau­se blei­ben oder die Erwerbs­tä­tig­keit redu­zie­ren.“ Wegen der unglei­chen Lohn­ver­hält­nis­se in Deutsch­land, die erst kürz­lich in einer im IKZ ver­öf­fent­lich­ten Stu­die auf fast 20% Lohn­ge­fäl­le zwi­schen Män­nern und Frau­en bezif­fert waren, blei­ben noch immer über 90% der Frau­en zuhau­se bei den Kindern.*

Rentenlücken durch Teilzeitarbeit

Diana Naumann, Fachgruppensprecherin

Dar­aus ergibt sich die alt­be­kann­te Rol­len­ver­tei­lung: Der Mann macht Kar­rie­re, die Frau bleibt bei den Kin­dern, arbei­tet in den nächs­ten Jah­ren nicht sel­ten in unter­be­zahl­ten Berei­chen und in mit­un­ter pre­kä­ren Arbeits­ver­hält­nis­sen auf 450€-Basis oder in Teil­zeit. Die Aus­wir­kun­gen sind immer die­sel­ben, weiß auch Dia­na Nau­mann zu berich­ten. Sie ist eine von sie­ben Frau­en, die für die SPD in den Rat der Stadt Iser­lohn gewählt wur­den. Selbst Mut­ter von vier Kin­dern zwi­schen zwölf und 19 Jah­ren kennt sie die Pro­ble­me, die im Span­nungs­feld zwi­schen Job, Kin­der­be­treu­ung und Haus­halt ent­ste­hen: „Man kann nicht allem gerecht wer­den. War ich Voll­zeit arbei­ten, blie­ben Haus­halt und Kin­der auf der Stre­cke. Gehe ich nur halb­tags arbei­ten, ent­ste­hen rie­si­ge Lücken in mei­ner Ren­ten­ver­sor­gung – das ist ein Pro­blem, über wel­ches wir drin­gend spre­chen müssen!“ 

Altersarmut und finanzielle Abhängigkeit

Anja Ihme, Vorsitzende des JHA

Neben der Gefahr von Alters­ar­mut, die sich aus eben die­ser Situa­ti­on ergibt, und von der schon heu­te über­pro­por­tio­nal vie­le Frau­en betrof­fen sind, sieht Anja Ihme noch ein wei­te­res Pro­blem. Die Sozi­al­de­mo­kra­tin betont, wie abhän­gig Frau­en mit klei­nen Kin­dern von ihren Män­nern in finan­zi­el­ler Hin­sicht oft­mals sind. Bei einer Tren­nung bei­spiels­wei­se ste­hen die­se häu­fig vor dem Nichts, sehen die Ver­sor­gung und Zukunft ihrer Kin­der in Gefahr – und ver­blei­ben aus Angst vor Armut in den nicht sel­ten toxi­schen Bezie­hun­gen. Es gilt also, die Rech­te von Frau­en wei­ter zu stär­ken und neben dem Aus­bau von Schutz­räu­men und Anlauf­stel­len wie Frau­en­häu­sern und Fami­li­en­be­ra­tungs­stel­len, jun­ge Müt­ter auch finan­zi­ell bes­ser abzusichern.

Als Sozialdemokrat:innen fordern wir deshalb:

  • Den Aus­bau der Kin­der­ta­ges­be­treu­ung mit fle­xi­blen Öffnungszeiten,
  • Kin­der­ta­ges­pfle­ge und Kin­der­ta­ges­be­treu­ung als früh­kind­li­che Bil­dungs­ein­rich­tun­gen anzu­er­ken­nen und den Besuch allen Kin­dern kos­ten­los anzubieten,
  • die Anrech­nung von soge­nann­ter Care-Arbeit – auch im Bereich der Pfle­ge von Ange­hö­ri­gen – über die jet­zi­gen 36 Mona­te pro Kind hin­aus auf die Rente,
  • den Kampf gegen Alters­ar­mut durch eine ste­ti­ge Anhe­bung der Grund­ren­te, sowie 
  • die Stär­kung der Rech­te von Frau­en, den Aus­bau von Frau­en­häu­sern und die bes­se­re Absi­che­rung von Frau­en und Kin­dern, die sich von gewalt­tä­ti­gen oder nar­ziss­ti­schen Part­nern trennen.

Warum feiern wir den Weltfrauentag?

Wir schrei­ben das Jahr 2021. Rosa Luxem­burg, eine der ers­ten Frau­en, die sich poli­tisch enga­gier­ten, hät­te in der ver­gan­ge­nen Woche ihren 150. Geburts­tag gefei­ert. Seit über 100 Jah­ren dür­fen Frau­en in Deutsch­land wäh­len und gewählt wer­den. Seit über 15 Jah­ren steht mit Ange­la Mer­kel eine Frau an der Spit­ze der Regie­rung der Bun­des­re­pu­blik. Man könn­te mei­nen, wenn Frau­en erst Bun­des­kanz­le­rin wer­den kön­nen, steht ihnen alles offen. Und doch gibt es noch immer vie­le Berei­che, in denen Frau­en benach­tei­ligt oder dis­kri­mi­niert wer­den oder stark unter­re­prä­sen­tiert sind. Des­halb wird jähr­lich am 8. März an die Errun­gen­schaf­ten der Frau­en­be­we­gung erin­nert. In Ber­lin ist der Inter­na­tio­na­le Frau­en­tag seit 2019 ein gesetz­li­cher, arbeits­frei­er Fei­er­tag und wird mit Demons­tra­tio­nen und ande­ren Aktio­nen began­gen, um auf Kli­schees und ver­al­te­te Rol­len­bil­der auf­merk­sam zu machen.

Frauen im Stadtrat weiterhin in der Unterzahl

Wer­fen wir einen Blick auf die Sitz­ver­tei­lung im Iser­loh­ner Stadt­rat fällt schnell auf: Die Frau­en in den Rei­hen der Rats­mit­glie­der sind noch immer in der Unter­zahl. 22 Frau­en, 47 Män­ner – das ent­spricht einer Quo­te von knapp über 30%. Die SPD ist die ein­zi­ge Frak­ti­on, die mehr Frau­en als Män­ner stellt – von 13 Rats­mit­glie­dern sind sie­ben Frau­en. Und nicht nur das, mit Eva Kitz steht der SPD als ein­zi­ge Frak­ti­on in Iser­lohn eine Frau vor. „Frau­en sind auf allen poli­ti­schen Ebe­nen noch immer unter­re­prä­sen­tiert, das fällt beson­ders in der Kom­mu­nal­po­li­tik auf. Es kommt vor, dass ich an Sit­zun­gen als ein­zi­ge Frau teil­neh­me,“ erzählt Eva Kitz. Zwar wur­den bei der Kom­mu­nal­wahl 2020 mehr Frau­en in den Rat gewählt, als in den vor­he­ri­gen Legis­la­tur­pe­ri­oden. Bei der Ver­tei­lung von Aus­schuss­vor­sit­zen blei­ben Frau­en aber wei­ter benach­tei­ligt. 18 Aus­schüs­se wur­den nach der Wahl neu besetzt, nur fünf wer­den von Frau­en gelei­tet. Drei von ihnen sind Sozialdemokratinnen.

Zah­len und Fakten

Iser­loh­ner Stadt­rat: 69 Mit­glie­der, davon 22 Frau­en (32%)

SPD-Frak­ti­on im Rat: 13 Ver­tre­ter, davon 7 Frau­en (54%)

Emanzipation als gesamtgesellschaftliche Aufgabe und Verantwortung

Anja Ihme ist eine von ihnen, sie lei­tet seit Kur­zem den Jugend­hil­fe­aus­schuss und bekräf­tigt die Aus­sa­gen ihrer Vor­sit­zen­den: „Die­ses Phä­no­men sehen wir ja nicht nur in Poli­tik und Ver­wal­tung, auch in der Wirt­schaft sind Frau­en in Füh­rungs­po­si­tio­nen noch immer in der Min­der­heit.“ Neben einer Ver­bes­se­rung der Struk­tu­ren und Rah­men­be­din­gun­gen im Bereich Ver­ein­bar­keit von Fami­lie und Beruf sind also wei­te­re Schrit­te hin zu einer gleich­be­rech­tig­ten Gesell­schaft drin­gend nötig. „Ich erin­ne­re mich an Bewer­bungs­ge­sprä­che, in denen ich danach gefragt wur­de, wie ich Job und vier Kin­der orga­ni­siert bekom­men will. Und die Stel­len dann ander­wei­tig besetzt wur­den. Mei­nen Mann hat in Bewer­bungs­ge­sprä­chen noch nie­mand danach gefragt“, ärgert sich Dia­na Nau­mann. „Neben der schlech­te­ren Bezah­lung sehen wir Frau­en uns noch immer gewis­sen Vor­ur­tei­len gegen­über, die ein­fach fest ver­an­kert sind in den Köp­fen von Männern.“ 

Warum die Frauenquote wichtig ist

Auch des­halb for­dern wir als Sozialdemokrat:innen eine ver­bind­li­che Frau­en­quo­te – nicht nur in Auf­sichts­rä­ten voll mit­be­stim­mungs­pflich­ti­ger und bör­sen­no­tier­ter Unter­neh­men. Seit Inkraft­tre­ten des Geset­zes zur Teil­ha­be von Frau­en 2016 sind in die­sen Unter­neh­men 30% der Füh­rungs­po­si­tio­nen mit Frau­en zu beset­zen. „Für uns ist es wenig über­ra­schend, dass all die­se Unter­neh­men wei­ter­hin erfolg­reich sind – denn natür­lich sind Frau­en genau­so gute Vor­ge­setz­te, wie Män­ner. Die Frau­en­quo­te funk­tio­niert“, ist Eva Kitz über­zeugt. Doch noch immer wer­den zwei von drei Unter­neh­men aus­schließ­lich von Män­nern geführt. Die Frau­en­quo­te war also bes­ten­falls ein guter Anfang auf dem Weg hin zu mehr Gleich­be­rech­ti­gung – auch in den Chefetagen.

Eltern als Vorbilder

Der Kampf für Gleich­be­rech­ti­gung von Frau­en und Män­nern geht nicht nur Feminist:innen etwas an – er betrifft uns alle. Denn Gleich­stel­lung fängt in den Fami­li­en und in der Part­ner­schaft an, sind sich die drei Iser­loh­ner Rats­frau­en einig. „Die Eltern haben eine Vor­bild­funk­ti­on. Tei­len sie sich Haus­halt und Kin­der­be­treu­ung, über­nimmt auch der Vater Ver­ant­wor­tung für Wäsche und Kochen, leben wir ihnen ech­te Gleich­be­rech­ti­gung vor“, ist Eva Kitz über­zeugt. „Für mei­ne Söh­ne ist es doch total nor­mal, dass auch der Papa eine Win­del wech­selt und die Mama arbei­ten geht – ich bin mir sicher, dass sie das in ihren Fami­li­en auch so wei­ter­füh­ren werden.“

Sozialdemokrat:innen sind das Sprachrohr der Frauen

Und natür­lich sind auch die drei Poli­ti­ke­rin­nen ech­te Vor­bil­der: Für unse­re Töch­ter und Enke­lin­nen, aber auch für ande­re Müt­ter und Frau­en. „Wenn wir Frau­en nicht für unse­re Belan­ge ein­tre­ten, wer soll es dann machen?“ fragt sich auch Anja Ihme. Sozialdemokrat:innen haben einen maß­geb­li­chen Anteil dar­an, dass die The­men Gleich­stel­lung und Gleich­be­rech­ti­gung in den letz­ten Jahr­zehn­ten auf der poli­ti­schen Agen­da gehal­ten wur­den. „Wir freu­en uns über jede Gleich­ge­sinn­te, die gemein­sam mit uns für noch mehr Gleich­be­rech­ti­gung und die Rech­te der Frau­en in unse­rer Stadt kämp­fen will“, appel­liert Eva Kitz als SPD-Vor­sit­zen­de an alle Iser­lohne­rin­nen, sich poli­tisch zu engagieren. 

Unsere Ziele für mehr Gleichberechtigung in Iserlohn:

  • Die Stär­kung der Gleich­stel­lungs­stel­le bei der Stadt und Wei­ter­ent­wick­lung der Auf­ga­ben der Gleichstellungsbeauftragten, 
  • Aus­wir­kun­gen der Pan­de­mie auf die Situa­ti­on von Frau­en erfas­sen und nach­hal­tig ver­bes­sern, und
  • die pre­kä­ren Arbeits­ver­hält­nis­se im Bereich der OGS-Mit­ar­bei­te­rin­nen gesell­schafts­po­li­tisch thematisieren.

* https://www.diw.de/de/diw_01.c.673478.de/elterngeld_und_elterngeld_p…wie_vor_in_weiter_ferne.html und IKZ-Arti­kel vom 2.3.2021: „Wie Coro­na die unglei­che Bezah­lung wei­ter verschlechtert“

Geschicht­li­cher Hintergrund

Der Inter­na­tio­na­le Frau­en­tag oder auch Welt­frau­en­tag wird jähr­lich am 8. März began­gen. Er fand erst­mals im März 1911 statt und wird seit genau 100 Jah­ren, näm­lich seit 1921, am 8. März gefei­ert. Er ist ent­stan­den als Initia­ti­ve sozia­lis­ti­scher Orga­ni­sa­tio­nen im Kampf um die Gleich­be­rech­ti­gung und das Wahl­recht für Frau­en.