Diese Rede ist Gegenstand der Beratungen zur Haushaltssatzung für das Jahr 2022. Aufgrund einer Vereinbarung in der Fraktionsvorsitzendenbesprechung wurden die Haushaltsreden der Fraktionsvorsitzenden zu Protokoll der Ratssitzung am 14. Dezember 2021 gegeben.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine Damen und Herren,
sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Medien,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
liebe Gäste,
das ist sicher nicht so üblich, aber ganz voranstellen muss ich die Zusammenfassung meiner Rede:
Kaum etwas, das wirklich wichtig ist, bekommt man im Leben umsonst.
Nun aber im Einzelnen.
Wir als SPD wollen aus Iserlohn die kinderfreundlichste Stadt Deutschlands machen. Damit sind wir im vergangenen Jahr in die Kommunalwahl gegangen. Auch wenn die Iserlohner:innen diesem Programm und unserer Fraktion nicht einen solchen Rückenwind für dieses Projekt gegeben haben, wie wir es uns gewünscht hätte. Wir als SPD kämpfen dafür.
Sehr geehrte Damen und Herren,
eine attraktive Stadt hält ihre Bürger:innen und gewinnt neue hinzu. Die Wirtschaftsunternehmen brauchen qualifizierte Fachkräfte. Das gelingt aber nur, wenn wir attraktive Angebote schaffen: in den Schulen, für die Jugend, im Sport, in der Kultur und viele mehr. Dafür legen wir hier zusammen das Fundament. Die Menschen in unserer Stadt nutzen die kommunale Infrastruktur, für die der Bürgermeister und wir hier im Rat Gewähr zu leisten haben. Dafür zahlen sie Steuern, Beiträge und Abgaben. Wir sind beauftragt, die Stadt lebenswert zu gestalten.
Ich möchte ein besonderes Augenmerk auf das Kulturressort richten, den Herr Bürgermeister Joithe unbedingt unter seiner Verantwortung wollte.
Ich bin sehr froh über jede:n unserer sechs Institutsleiter:innen. Unsere sechs Institutsleiter:innen leisten eine hervorragende Arbeit: im Theater, im Stadtarchiv, in der Bücherei, in der Volkshochschule und der Galerie, in der Musikschule und nicht zuletzt in den Städtischen Museen. Unsere sechs Kulturinstitutsleiter:innen und der Leiter des Kulturreferats übernehmen tatsächlich Verantwortung. Sie übernehmen die gesamte Verantwortung, die von einem Kulturressortleiter zu tragen wären. Diese zwei Frauen und fünf Männer mussten nach der Einbringung des Haushalts im Rat in der Sitzung des Kulturausschusses kurzfristig Einsparmaßnahmen finden. Wenn der Kulturressortleiter diese wollte, dann hätten sie vorher in den Haushaltsentwurf gehört!
Es sind noch zwei weitere Themen, die in der Stadt massiv unter den Nägeln brennen.
Das zentrale Projekt ist der Schillerplatz. Es waren die beiden großen Fraktionen des Rates, die die Verantwortung übernommen haben. Es waren CDU und SPD, die die wesentlichen Punkte aufgeschrieben haben. Die Punkte, um der Bauverwaltung die Leitplanken für die weitere Entwicklung geben zu können. Das passierte inmitten des tobenden Bundestagswahlkampfs. Die anderen Fraktionen haben sich dem angeschlossen, weil auch ihre Positionen berücksichtigt waren und sie sich wiedergefunden haben. Herr Bürgermeister Joithe, der Schillerplatz ist das zentrale Thema unserer Innenstadtgestaltung. Sie halten sich raus. Sie sind nur Zaungast. Sie haben die Verantwortung eben nicht übernommen.
Zum anderen Thema Haus Seilersee. Hier zitiere ich aus der Niederschrift der Ratssitzung vom 5. Oktober 2021. Ein Protokoll, dass Sie unterzeichnet und freigegeben haben. TOP 39, Beschlusscontrolling: „[Bürgermeister] Joithe teilt mit, dass er in das genaue Verfahren nicht eingebunden sei.“ Es geht um das Haus Seilersee. Der Bürgermeister teilt mit, dass er sich nicht in das Verfahren einbindet. Wie kann es denn sein, Sie sich bei einer der Schlüsselimmobilie im Eigentum der Stadt nicht selbst und höchstpersönlich einbringen? Wie wenig Interesse kann ein Bürgermeister an Iserlohn haben?
Sie sind unbeteiligt. Sie lassen die Verwaltung hängen. Sie steuern nicht. Sie führen nicht.
Das zieht sich durch. Bürgermeister Michael Joithe ist nicht auf die Fraktionen zugekommen, um den Haushalt zu besprechen. Einmalig ist dabei, dass der Bürgermeister nicht an der koordinierenden Sitzung des Finanzausschusses teilnimmt.
Es geht um seinen Haushalt. Das ist das Dokument, auf dessen Grundlage er im nächsten Jahr Geld ausgeben darf. Das hat es noch nie gegeben. Das dokumentiert Respektlosigkeit gegenüber diesem Rat und den für unsere Stadt ehrenamtlich Aktiven in den Ausschüssen. Die Verantwortung liegt allein auf dem Ehrenamt. Herr Joithe, deswegen nach über einem Jahr Ihrer Amtszeit nochmal zur Klarstellung:
Bürgermeister zu sein bedeutet nicht: immer wieder neue Bilder für die Presse zu produzieren.
Bürgermeister zu sein, bedeutet Führung im Rathaus.
Bürgermeister zu sein, bedeutet Gestaltungswillen und Gestaltungskönnen.
Bürgermeister zu sein, bedeutet vermittelnde Kommunikation mit der Politik.
Ich bin dankbar, dass wir gutes Personal in unserer Verwaltung haben. Ich bin dankbar, dass wir gute Beigeordnete und Ressortleiter, Bereichs- und Abteilungsleiter haben. Ich bin dankbar für die Kompetenz auf der Sachbearbeiterebene. Sie sind es, die die Verwaltung sicherstellen. Sie sind es, mit denen Politik tatsächlich auch zusammenarbeiten kann. Dafür müssen wir nicht immer einer Meinung sein, ganz im Gegenteil, wir können uns in der Sache sogar widersprechen. Aber wir haben eine verlässliche und vertrauensvolle Gesprächsgrundlage. Ich appelliere an Sie, Herren Wojtek, Grote, Stolte, Eichhorn – und nehmen Sie das bitte auch mit in Ihre Ressorts – bitte erhalten Sie sich Ihre Motivation. Wir als Rat und als Fraktionen brauchen Sie, dass Iserlohn auch weiterhin gelingt.
Herr Bürgermeister, Sie fordern wir auf, endlich in das Gespräch mit den Fraktionen einzutreten. Sie werden von alle Iserlohner:innen dafür bezahlt, sich darüber hauptamtlich Gedanken zu machen. Das Ehrenamt, das hier vor Ihnen sitzt, bemüht sich um unsere Stadt Iserlohn. Sie sitzen da oben und erhalten ein fünfstelliges Monatsgehalt. Hier sitzt das Ehrenamt, dem Sie die gesamte Verantwortung dieser Stadt aufbürden und das mit einem Bruchteil der personellen Ressourcen.
Ich komme nochmal zu den Ressourcen, zu konkreten Punkten im Haushalt 2022, wie er gleich verabschiedet werden soll.
Keine Frage, eine Haushaltskonsolidierung steht an. aber noch bevor wir überhaupt richtig in Gespräche darüber gekommen sind, wurden Fakten geschaffen. Beschlossen wurde, dass die ersten, die dazu beizutragen haben, unsere jungen Familien sein sollen. Auf den schmalen Schultern unserer Iserlohner Kinder lasten seit August höhere Gebühren.
Kita-Beiträge sind ein Standortfaktor. Mit Blick auf die umgebenden Gemeinden und Städte sind unsere Kita-Beiträge ein Alleinstellungsmerkmal. Zur ersten Gelegenheit in dieser Wahlperiode war aber Vorschlag von Bürgermeister Michael Joithe, sich auf den Pfad der Erhöhung zu begeben. Transparenz dabei? Fehlanzeige! Die Drucksache kam zu spät für eine ordentliche Vorbereitung. Die in der Drucksache aufgeführten Zahlen führten in die Irre. Es gab schlichtweg nicht genügend und nicht rechtzeitig Informationen, weder für den Rat noch – das ist viel wichtiger – für die Eltern, die ihre Kinder schon längst angemeldet haben mussten. Wir haben uns die Zahlen angeschaut, gerechnet und hier im Rat vorgetragen. Ich verstehe das, dass angesichts der Kurzfristigkeit das nicht jede Fraktion machen konnte. Ich verstehe auch die Anfragen anderer Fraktionen jetzt im Nachgang. Für uns war das jedenfalls der Grund, diese Gebührenerhöhung abzulehnen. Dabei brauchen wir gerade in der heutigen Zeit mit Corona genau den anderen Weg. Unsere Iserlohner Familien brauchen deutliche eine Entlastung. Das ist so kinderunfreundlich. Das ist so generationenungerecht. Was können unsere Kinder dafür?
Stichwort Kulturvermittler. Wenn wir uns den Armutsbericht anschauen, sehen wir, dass diese Stelle absolut notwendig ist. Kultur fördert die Persönlichkeitsentwicklung, sie legt den Grundstein für eigene Kreativität. Der Kulturvermittler greift genau das auf und bringt unter Überwindung sozialer Barrieren Kindern und Jugendlichen Kultur nahe. Verstehen Sie mich bitte richtig: Ich finde es löblich und gut, dass sich der Förderverein des Parktheaters daran finanziell beteiligt. Das ist sage ich als Ratsfrau gleichermaßen wie als Mitglied des Fördervereins. Aber ich sage auch ganz deutlich: Wir brauchen eine politische Verpflichtung der Stadt zu dieser Stelle. Dazu gehört zumindest eine Co-Finanzierung. Es brauchte eine politische Zusage für den Fall, dass sie der Förderverein nicht mehr tragen kann. Es braucht eine politische Zusage für eine Zeit, in der es dafür keine Fördermittel gibt. Diese politische Zusage fehlt und das ist der große Knackpunkt, der auch dieses wunderbare Projekt stets auf die Kippe stellen wird.
Thema Friedhof. Auch hier haben wir uns mehr erhofft. Wir wurden vertröstet auf die neue Bereichsleitung und einen Friedhofsingenieur. Die Bereichsleitung scheint gefunden zu sein. Der Friedhofsingenieur ist bereits im Dienst. Gleichzeitig ist jetzt noch ein Gutachten für 120.000 Euro beauftragt worden. Herr Bürgermeister, bitte erklären Sie uns das. In der letzten Ratssitzung vor 14 Tagen wurde genau das von uns nachgefragt. Aber von Ihnen kam nur Schweigen. Gleichzeitig erzählen Sie uns und den Iserlohner:innen bei jeder Gelegenheit einen von dieser und jener „freiwilligen“ Leistung, immer betonend, dass es mit dem einen oder anderen auch mal zügig zu Ende sein könnte. Sie bleiben dabei diffus, wirkliche Vorschläge kommen nicht. Es ist aber gerade diese Inkonsistenz, die Ihre Amtszeit prägt. Das, was Sie als Bürgermeister sagen und das, was sie tatsächlich machen, passt nicht zusammen. Das ergibt in der Zusammenschau keinen Sinn.
Schließlich noch ein paar Worte zu Sauberkeit, einem Dauerbrenner hier in der Stadt. Da komme ich auf den Stadtbetrieb. Ganz klar für Iserlohn ist: Wir brauchen einen starken Stadtbetrieb. Wir wollen motivierte Beschäftigte. Wir wollen, dass die guten Leute zu uns kommen und bei uns bleiben. Ich bin sehr froh darüber, dass jetzt nach politischem Beschluss im Verwaltungsrat auch ausgebildet wird. Diese Betriebsversammlung, die am 5. November stattgefunden hat und eigentlich unnötig war, hat uns rund 16.500 Euro gekostet. Sie hat den SIH-Vorstand dazu gezwungen, laufende Bewerbungsverfahren auszusetzen. Das alles für eine Berichterstattung über ein Thema, das eben nicht zuerst mit dem IKZ besprochen werden muss, sondern mit uns Fraktionen. Wir als Politik – Rat und Bürgermeister – müssen vor allem eines im Blick haben: einen verantwortungsvollen Umgang insbesondere mit der knappen Ressource Personal. Der Rat der Stadt übernimmt diese Verantwortung, um Beschäftigte zu halten und um junge Menschen zu gewinnen. Die brauchen dreierlei, um auch zu bleiben: eine gute Arbeitsumgebung, Perspektiven und Sicherheit.
Es ist doch gerade das Stadtbild sind doch gerade diese „freiwilligen“ Leistungen, die eine Stadt wirklich lebenswert machen. Jene „freiwilligen“ Leistungen, die Bürgermeister Michael Joithe nicht müde wird zu betonen, dass sie stets auf der Kippe stünden.
Es ist ein fatales Vokabular, wenn wir diese Projekte als „weiche“ Standortfaktoren abtun. Das sind die Themen, die Projekte, die unsere Stadt lebenswert machen. Das ist die harte Währung für eine attraktive Stadt Iserlohn. Um Fachkräfte und damit letztlich Einwohner:innen und Unternehmen anzuziehen. Nur so sichern wir die Lebensgrundlagen für die Menschen in unserer Waldstadt.
Dabei wäre es doch auch ein Ansatz zu schauen, wie wir unsere Pflichtaufgaben erledigen. Was könnte man anders machen? Was könnte effizienter gestaltet werden? Funktioniert eine Aufgabe vielleicht sinnvoller in einer Kooperation? Muss es immer der Mercedes unter den Lösungen sein? Sich darüber Gedanken zu machen, ist die Aufgaben eines Bürgermeisters als Amtschef. Für Motivation und mehr Effizienz braucht es auch einen Chef, der das vorlebt.
Wir brauchen die harte Währung der weichen Standortfaktoren, das ist eine unabdingbare Voraussetzung. Es bedarf der Kreativität im Umgang mit unseren Aufgaben in der Stadt. Wir sehen nicht, wie dieser Haushalt uns bei Zukunftsaufgaben Iserlohns weiterbringt. Ich erinnere an meine Zusammenfassung vom Beginn meiner Rede:
Kaum etwas, das wirklich wichtig ist, bekommt man im Leben umsonst.
Ich mache mir Sorgen über die Zukunft der Stadt, Herr Joithe, weil Sie nicht steuern, nicht führen, nicht koordinieren. Das findet sich auch in diesem Haushalt. Iserlohn verliert etwas, was es sonst ausmacht. Iserlohn verliert seine Seele. Nein, diesem Haushalt werden wir unsere Zustimmung nicht geben.
Vielen Dank!